Dieser Artikel wurde ursprünglich bei The Conversation veröffentlicht. Die Publikation hat den Artikel zu Space.com’s Expert Voices beigesteuert: Op-Ed & Insights.
Amanda Jane Hughes, Dozentin, Abteilung für Maschinenbau, Werkstoffe und Luft- und Raumfahrttechnik, Universität Liverpool
Stefania Soldini, Dozentin für Luft- und Raumfahrttechnik, Universität Liverpool
Es klingt wie Science-Fiction: riesige Solarkraftwerke, die im Weltraum schweben und enorme Energiemengen auf die Erde abstrahlen. Und lange Zeit war das Konzept, das der russische Wissenschaftler Konstantin Ziolkowski in den 1920er Jahren entwickelte, vor allem eine Inspiration für Schriftsteller.
Ein Jahrhundert später machen Wissenschaftler jedoch große Fortschritte bei der Umsetzung des Konzepts in die Realität. Die Europäische Weltraumorganisation hat das Potenzial dieser Bemühungen erkannt und versucht nun, solche Projekte zu finanzieren, wobei sie voraussagt, dass die erste industrielle Ressource, die wir aus dem Weltraum erhalten werden, „Strahlungsenergie“ sein wird.
Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit, es steht also viel auf dem Spiel. Vom Anstieg der globalen Temperaturen bis hin zu veränderten Wettermustern sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits rund um den Globus zu spüren. Die Bewältigung dieser Herausforderung erfordert radikale Veränderungen in der Art und Weise, wie wir Energie erzeugen und verbrauchen.
Die Technologien für erneuerbare Energien haben sich in den letzten Jahren drastisch weiterentwickelt, mit verbesserter Effizienz und niedrigeren Kosten. Ein großes Hindernis für ihre Verbreitung ist jedoch die Tatsache, dass sie keine konstante Energieversorgung bieten. Wind- und Solarparks produzieren nur dann Energie, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint – aber wir brauchen Strom rund um die Uhr, jeden Tag. Letztendlich brauchen wir eine Möglichkeit, Energie in großem Maßstab zu speichern, bevor wir auf erneuerbare Energiequellen umsteigen können.
Vorteile des Weltraums
Eine Möglichkeit, dies zu umgehen, wäre die Erzeugung von Solarenergie im Weltraum. Das hat viele Vorteile. Ein weltraumgestütztes Solarkraftwerk könnte 24 Stunden am Tag in der Umlaufbahn der Sonne zugewandt sein. Die Erdatmosphäre absorbiert und reflektiert auch einen Teil des Sonnenlichts, so dass Solarzellen oberhalb der Atmosphäre mehr Sonnenlicht empfangen und mehr Energie erzeugen können.
Eine der größten Herausforderungen ist jedoch die Montage, der Start und der Einsatz solch großer Strukturen. Ein einziges Solarkraftwerk kann bis zu 10 km² groß sein – das entspricht der Fläche von 1.400 Fußballfeldern. Die Verwendung leichter Materialien ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, denn der größte Kostenfaktor sind die Kosten für den Start der Station mit einer Rakete ins All.
Eine vorgeschlagene Lösung besteht darin, einen Schwarm aus Tausenden von kleineren Satelliten zu entwickeln, die sich zu einem einzigen großen Solargenerator zusammenschließen und konfigurieren. 2017 haben Forscher am California Institute of Technology Entwürfe für ein modulares Kraftwerk vorgestellt, das aus Tausenden von ultraleichten Solarzellenkacheln besteht. Sie demonstrierten auch einen Prototyp mit einem Gewicht von nur 280 Gramm pro Quadratmeter, was etwa dem Gewicht einer Pappe entspricht.
In jüngster Zeit werden auch Entwicklungen in der Fertigung, wie der 3D-Druck, für diese Anwendung geprüft. An der Universität Liverpool erforschen wir neue Fertigungstechniken, um ultraleichte Solarzellen auf Sonnensegel zu drucken. Ein Sonnensegel ist eine faltbare, leichte und stark reflektierende Membran, die die Wirkung des Strahlungsdrucks der Sonne nutzen kann, um ein Raumfahrzeug ohne Treibstoff voranzutreiben. Wir erforschen, wie sich Solarzellen in Sonnensegelstrukturen einbetten lassen, um große, treibstofffreie Solarkraftwerke zu schaffen.
Diese Methoden würden es uns ermöglichen, die Kraftwerke im Weltraum zu bauen. Tatsächlich könnte es eines Tages möglich sein, von der Internationalen Raumstation oder der künftigen Mondstation, die den Mond umkreisen wird, aus Einheiten im Weltraum herzustellen und einzusetzen. Solche Geräte könnten in der Tat dazu beitragen, den Mond mit Strom zu versorgen.
Die Möglichkeiten enden hier noch nicht. Während wir derzeit auf Materialien von der Erde angewiesen sind, um Kraftwerke zu bauen, denken Wissenschaftler auch darüber nach, Ressourcen aus dem Weltraum für die Herstellung zu verwenden, wie z. B. Materialien, die auf dem Mond gefunden wurden.
Eine weitere große Herausforderung wird darin bestehen, die Energie zurück zur Erde zu übertragen. Der Plan sieht vor, den Strom aus den Solarzellen in Energiewellen umzuwandeln und mit Hilfe elektromagnetischer Felder zu einer Antenne auf der Erdoberfläche zu übertragen. Die Antenne würde dann die Wellen wieder in Strom umwandeln. Forscher unter der Leitung der Japan Aerospace Exploration Agency haben bereits Entwürfe entwickelt und ein Orbitersystem demonstriert, das dazu in der Lage sein sollte.
Es gibt noch viel zu tun auf diesem Gebiet, aber das Ziel ist, dass Solarkraftwerke im Weltraum in den nächsten Jahrzehnten Realität werden. Forscher in China haben ein System namens Omega entwickelt, das bis 2050 einsatzbereit sein soll. Dieses System soll in der Lage sein, bei Spitzenleistung 2 GW Strom in das Netz der Erde einzuspeisen, was eine enorme Menge ist. Um so viel Strom mit Sonnenkollektoren auf der Erde zu erzeugen, bräuchte man mehr als sechs Millionen davon.
Kleinere Solarenergiesatelliten, wie die für den Antrieb von Mond-Rovern, könnten sogar noch früher einsatzbereit sein.
Überall auf der Welt widmet die wissenschaftliche Gemeinschaft der Entwicklung von Solarkraftwerken im Weltraum Zeit und Mühe. Wir hoffen, dass sie eines Tages ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel sein könnten.
Dieser Artikel wurde von The Conversation unter einer Creative Commons-Lizenz neu veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel.
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