Elie Wiesel? Wilhelm Stekel? Rosalie Gabler? John Le Carré? Rollo May? August Strindberg? William Hale White? Otto M. Spangler? David Cornwell?
Liebes Zitat Ermittler: Liebe und Hass sind intensive Gefühle, die manchmal miteinander vermischt werden. Die folgende Aussage ist faszinierend:
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.
Dieses Sprichwort wird oft dem Aktivisten und Nobelpreisträger Elie Wiesel zugeschrieben, aber ich denke, es könnte eine längere Geschichte haben. Würden Sie bitte dieses Thema erforschen?
Zitat Ermittler: Elie Wiesel benutzte diesen Ausdruck 1986, aber er war schon vor seiner Geburt im Umlauf.
Die früheste von QI ausfindig gemachte enge Übereinstimmung in englischer Sprache erschien in „The Beloved Ego: Foundations of the New Study of the Psyche“ des bekannten österreichischen Psychologen Wilhelm Stekel. Der Text wurde von Rosalie Gabler aus dem Deutschen ins Englische übersetzt und 1921 veröffentlicht. Hervorhebungen von Auszügen durch QI: 1
Es gibt keine Liebe ohne Hass; und es gibt keinen Hass ohne Liebe. Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit; das Gegenteil von Gefühl kann nur die Abwesenheit von Gefühl sein. Die Abneigung, die vom Gefühl gefärbt ist, dient oft nur dazu, sich vor einer Neigung zu verbergen und zu schützen. Liebe und Haß müssen Hand in Hand gehen; und die Menschen, die wir am meisten lieben, hassen wir auch, weil der Haß in der Natur der Liebe begründet ist.
Der deutsche Titel des obigen Werkes war „Das Liebe Ich: Grundzüge einer Neuen Dietätik der Seele“, aber QI hat dieses Buch noch nicht untersucht.
Das Zitat in deutscher Sprache war in der 1921 erschienenen Ausgabe von Stekels Werk „Die Geschlechtskälte der Frau: Eine Psychopathologie des Weiblichen Liebeslebens“: 2
Der Gegensatz von Liebe ist nicht Haß, sondern Gleichgültigkeit; der Gegensatz eines Gefühls kann nur die Gefühllosigkeit sein.
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Haß, sondern Gleichgültigkeit; der Gegensatz eines Gefühls kann nur die Gefühllosigkeit sein
Nachfolgend weitere ausgewählte Zitate in chronologischer Reihenfolge.
Im Jahr 1866 verknüpfte ein politischer Aufsatz in einer Zeitung aus Woodstock, Vermont, Liebe, Haß und Gleichgültigkeit: 3
Tag folgt auf Nacht!
Sonnenschein folgt auf Sturm!
Lächeln folgt auf Stirnrunzeln!
Gütige Worte folgen auf bittere!
Liebe folgt auf Hass, so wie Hass auf Gleichgültigkeit folgt!
Frieden folgt auf Krieg!
Im Jahr 1885 veröffentlichte der britische Schriftsteller William Hale White unter dem Pseudonym Mark Rutherford ein autobiografisches Werk. Er verurteilte die Gleichgültigkeit, obwohl sich seine Aussage deutlich von dem hier untersuchten Sprichwort unterscheidet: 4
Die meisten von uns haben keine echte Liebe und keinen echten Hass. Gesegnet ist die Liebe, weniger gesegnet ist der Hass, aber dreimal verflucht ist die Gleichgültigkeit, die weder das eine noch das andere ist, das schlammige Durcheinander, das die Menschen Freundschaft nennen.
Im Jahr 1891 veröffentlichte eine Zeitung in York, Pennsylvania, eine Gruppe anonymer „Sonntagsgedanken“, darunter diesen Spruch: 5
Liebe besiegt Hass, aber niemals Gleichgültigkeit.
Eine thematisch verwandte Aussage erschien 1897 in George Bernard Shaws Stück „The Devil’s Disciple“: 6
Die schlimmste Sünde gegenüber unseren Mitmenschen ist nicht, sie zu hassen, sondern ihnen gegenüber gleichgültig zu sein: das ist das Wesen der Unmenschlichkeit.
Shaws Aussage wurde in einem eigenen QI-Artikel untersucht, der hier verfügbar ist.
Der bekannte Dramatiker und Romancier August Strindberg schrieb „Le Plaidoyer d’un Fou“ („The Confession of a Fool“), das ins Englische übersetzt und 1912 veröffentlicht wurde. Strindberg stellte eine andere Beziehung zwischen Liebe, Hass und Gleichgültigkeit dar: 7
Ich wollte lange genug leben, um mich zu rächen; aber zuerst mußte ich Beweise für ihre Untreue haben.
Ich haßte sie jetzt mit einem Haß, der tödlicher war als Gleichgültigkeit, weil er das Gegenteil von Liebe ist. Ich hasste sie, weil ich sie liebte.
Im Jahr 1921 enthielt eine englische Übersetzung von Wilhelm Stekels „The Beloved Ego“ das Zielzitat. Die deutsche Version war schon früher erschienen:
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit; das Gegenteil von Gefühl kann nur die Abwesenheit von Gefühl sein.
Im Jahr 1925 verwendete die Kolumnistin Edith Johnson den Spruch in „The Daily Oklahoman“ aus Oklahoma City, Oklahoma: 8
Es gibt keine Liebe ohne Hass und keinen Hass ohne Liebe zwischen Männern und Frauen. Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.
Im Jahr 1967 sprach Reverend Otto M. Spangler vor einer Gemeindegruppe in Paducah, Kentucky, über das Thema „Apathie versus Fanatismus“: 9
Er sagte, beides sei heute so präsent wie nie zuvor. Ein wachsendes Gefühl, ein Mangel an Interesse seitens der Menschen – ein beliebter Satz ist „Ich will mich nicht einmischen.“ Er sagte, das Gegenteil von Liebe sei nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit. „Heutzutage gibt es ein Gefühl der Apathie, eine völlige Gleichgültigkeit“, sagte er.
Im Jahr 1968 veröffentlichte der berühmte Spionagethriller-Autor John le Carré (David Cornwell) den Roman „Eine kleine Stadt in Deutschland“. Eine abgewandelte Formulierung, die das Wort „Apathie“ anstelle von „Gleichgültigkeit“ verwendet, taucht in dem Buch zweimal auf. Er wurde von fiktiven Figuren gesprochen: 10
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass; es ist Apathie.
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Apathie.
Im Jahr 1969 veröffentlichte der einflussreiche US-Psychologe Rollo May „Love and Will“, in dem Folgendes steht: 11
Apathie ist besonders wichtig, weil sie in enger Beziehung zu Liebe und Willen steht. Hass ist nicht das Gegenteil von Liebe, sondern Apathie.
Im Jahr 1986 erschien ein Interview mit Elie Wiesel in der Zeitschrift „U.S. News & World Report“. Ein einprägsames Zitat wurde in der Zeitung „The Arizona Republic“ abgedruckt: 12
Gleichgültigkeit ist für mich der Inbegriff des Bösen.
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, es ist Gleichgültigkeit.
Das Gegenteil von Kunst ist nicht Hässlichkeit, es ist Gleichgültigkeit.
Das Gegenteil von Glaube ist nicht Ketzerei, es ist Gleichgültigkeit.
Und das Gegenteil von Leben ist nicht Tod, es ist Gleichgültigkeit.
.
– Aus einem Interview mit Elie Wiesel, dem kürzlichen Friedensnobelpreisträger (U.S. News & World Report, 27. Oktober).
Abschließend sei gesagt, dass Wilhelm Stekel das Verdienst gebührt, die Ausdrücke in Deutsch und Englisch in den Zitaten von 1921 wiederzugeben. John Le Carré, Rollo May und Elie Wiesel benutzten alle Versionen des Ausdrucks viele Jahre später. Wiesels Zitat von 1986 war wesentlich ausführlicher.
Bildhinweise: Die farbigen Bilder symbolisieren: Hass (Stirnrunzeln), Liebe (Lächeln) und Gleichgültigkeit von 95C (Felipe) bei.
(Großer Dank an Vivian Fiszer, deren Anfrage QI dazu veranlasste, diese Frage zu formulieren und diese Untersuchung durchzuführen.)
Update History: Am 5. Dezember 2019 wurde ein Link zu einem thematisch verwandten Zitat von George Bernard Shaw hinzugefügt.
Notizen:
- 1921, The Beloved Ego: Foundations of the New Study of the Psyche von Dr. Wilhelm Stekel, Übersetzung von Rosalie Gabler (Mitglied der British Psychological Society und der Society for the Study of Orthopsychics), Kapitel 2: The Fight of the Sexes, Zitat Seite 16, Kegan Paul, Trench, Trubner & Company, London. (Google Books Full View) link
- 1921, Titel: Die Geschlechtskälte der Frau: Eine Psychopathologie des Weiblichen Liebeslebens, Autor Wilhelm Stekel, Band 3: Störungen des Trieb-und Affektlebens, Kapitel 10: Der Kampf der Geschlechter, Zitat Seite 229, Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien. (Internet archive.org) link
- 1866 May 3, Spirit of the Age, We Will Not Die, Zitat Seite 2, Spalte 4, Woodstock, Vermont. (Newspapers_com)
- 1885, Mark Rutherford’s Deliverance von Mark Rutherford (Pseudonym von William Hale White), herausgegeben von Reuben Shapcott, Kapitel 1: Zeitungen, Zitat Seite 14, Trübner & Company, London. (Google Books Full View) link
- 1891 January 13, The York Daily, Sunday Reflections, Quote Page 1, Column 7, York, Pennsylvania. (Newspapers_com)
- 1906 (Copyright 1900), The Devil’s Disciple: A Melodrama by Bernard Shaw (George Bernard Shaw), (Stück wurde 1897 in London aufgeführt), Act II, (Zeile gesprochen von Anthony Anderson), Zitat Seite 82, Brentano’s, New York. (HathiTrust Full View) link
- 1912, The Confession of a Fool von August Strindberg, Übersetzt von Ellie Schleussner, Teil 4, Kapitel 6, Zitat Seite 295, Stephen Swift and Company, London. (Internet Archive archive.org) link
- 1925 April 13, The Daily Oklahoman, Edith Johnson’s Column: Seitenblicke auf den Fall Purdy, Zitat Seite 6, Spalte 3, Oklahoma City, Oklahoma. (Newspapers_com)
- 1967 Februar 10, The Paducah Sun-Democrat, Abschnitt B: Familienabschnitt, Wickliffe Woman’s Club Hears Program On „Apathy Versus Fanaticism“, Zitat Seite 1, Spalte 5, Paducah, Kentucky. (Newspapers_com)
- 1968, Eine kleine Stadt in Deutschland von John le Carré, (amerikanische Ausgabe), Zitat Seite 105 und 196, Coward-McCann, New York. (Mit Scans verifiziert)
- 1969, Love and Will von Rollo May, Kapitel 1: Einleitung: Unsere schizoide Welt, Zitat Seite 29, W. W. Norton & Company, New York. (Überprüft mit Scans)
- 1986 Oktober 26, The Arizona Republic, Insight: Perspectives on the World, Zitat Seite C6, Spalte 1, Phoenix, Arizona. (Zeitungen_com)